Vulkantour Teneriffa
Vulkanexpedition zum Pico del Teide
HumboldtsTagebuch:
„Gestern nacht kam ich vom Pik zurück. Welch ein Anblick! welch ein Genuß! Wir waren bis tief im Krater; vielleicht weiter als irgend ein Naturforscher. Gefahr ist wenig dabei; aber Fatigue von Hitze und Kälte: im Krater brannten die Schwefeldämpfe Löcher in unsere Kleider, und die Hände erstarrten bei 2 Grad Réaumur (1). Gott, welche Empfindung, auf dieser Höhe (11500 Fuß!). Die dunkelblaue Himmelsdecke über sich; alte Lavaströme zu den Füßen; um sich dieser Schauplatz der Verheerung (3 Quadratmeilen Bimsstein), umkränzt von Lorbeerwäldern; tiefer hinab die Weingärten, zwischen denen Pisangbüsche sich bis ans Meer erstrecken, die zierlichen Dörfer am Ufer, das Meer, und alle sieben Inseln, von denen Palma und Gran Canaria sehr hohe Vulkane haben, wie eine Landkarte unter uns. Der Krater, in dem wir waren, gibt nur Schwefeldämpfe; die Erde ist 70 Grad Réaumer heiß. An den Seiten brechen die Laven aus. Auch sind dort die kleinen Krater, wie die, welche vor Jahren die ganze Insel erleuchteten. Man hörte damals zwei Monate lang ein unterirdisches Kanonenfeuer, und häusergroße Steine wurden 4000 Fuß hoch in die Luft geschleudert.“(2)
So erlebte Alexander von Humboldt seine Besteigung des Pico de Teide im Jahre 1799. Unsere Expedition folgte seinen Spuren bis in den Krater auf 3700 m. Schwefeldämpfe erschwerten das Atmen in dieser Höhe, aber die Ausblick über die Canadas, die Teno- und Anaga-Höhenzüge entschädigten für diese Anstrengung.
Humboldt-Expedition 2004 – Forschungsprojekte
Diese dritte Geoexkursion hatte das Ziel, Schülerinnen und Schüler in Zusammenarbeit mit zwei Universitäten an naturwissenschaftliche Forschung heranzuführen. Anschauung, Lebensnähe und Erlebnishaftigkeit fördern die Motivation. Die Thematik eignet sich in besonderer Weise zur Schulung des Denkens auf zwei Ebenen, auf der Ebene der Phänomene (Stoffe, Beobachtungen, Eigenschaften) und der Ebene der Modelle (Teilchen, Deutungen, Strukturen).
Vier Forschungsprojekte aus den Bereichen Geologie, Geochemie und Botanik wurden in Gruppen bearbeitet:
1. Welche Gase lassen sich an den Austrittsöffnungen des Teide nachweisen? Welche Aussagen zur vulkanischen Aktivität ermöglichen die Messwerte?
Geochemiegruppe 1: Valentina Schessler, Sandra Nikolov, Maximilian Lechner, Sören Dresp, Christina Shen
2. Lässt sich anhand der Schichtung von Ausbruchsmaterial auf den Ausbruchstyp rückschließen?
Jasmin Hein, Carolin Oefner, Antonia Schedlinski
3. Kann man durch Analyse der Flechten das Ausbruchsalter rekonstruieren?
Christian Rodloff, Gregor Kolokewitsch, Viktoria Näther, Katharina Suh, Niels Schlichting
4. Erstellung eines Höhenprofils der Insel in Nord-Süd-Richtung: Existiert eine Korrelation zwischen der Höhe und der Bodenbeschaffenheit?
Maren und Jan Frank , Ricarda Lange
Das Expeditionsteam
17 Schülerinnen und Schüler, 3 Abiturienten (jetzt schon „Ehemalige“), Prof. Dr. Wörner und drei Lehrer (Frau Landauer, Herr Werner, Herr Kranz) forschten auf Teneriffa. Die Abiturenten Anna Jozwiuk, Martin Becker und Robert Oskamp übernahmen die Rolle von Mentoren. Ihre Vorerfahrungen aus La Palma und der Eifel konnten sie direkt an die Schüler weitergeben, sie informierten über Probennahme und -kennzeichnung, Führung des Geländebuches, digitale Bearbeitung der Daten und die Anfertigung der Abschlusspräsentation.
Ermöglicht wurde diese Forschungsfahrt durch die Unterstützung der Robert-Bosch-Stiftung, die einen Teil der Finanzen für die Flüge, die Unterkunft und die Mietwagen zur Verfügung stellte. Gedankt sei an dieser Stelle auch der Firma Olympus opticals. Sie spendierte die Expeditions-T-Shirts.
Geologie der Kanaren
Teneriffa ist die größte und höchste Insel der Kanaren, eine der größten ozeanisch- vulkanischen Inselgruppen der Erde. Sie weist eine dreieckförmige Gestalt auf, die durch die geologisch ältesten Teile der Insel, das Anagagebirge im äußersten Nordosten, das Tenogebirge im Nordwesten sowie kleine Gebiete im äußersten Süden aufgespannt wird.
In dieser Grundfläche bildete sich vor Mio Jahren ein Vulkan, der Jahrmillionen später durch fortwährende Erosion abrutschte und die Canadas-Formation als Abbruchrand bildete. In diesem Hochtal bildete sich später der relativ junge Vulkan des Teide.
Erste Forschungsergebnisse
Die im Krater des Teide austretenden Gase wurden in verschließbaren Spritzen gesammelt, sowie als Kondensat aufgefangen. In eine mitgebrachte Wasserflasche, deren Boden abgetrennt worden war, wurden Eiswürfel eingefüllt. Diese Flasche wurde dann in die austretenden heißen Dämpfe gehalten und das Kondensat, das an dem Plastikoberfläche abtropfte, in einer Schale aufgefangen und später ebenfalls in Spritzen abgefüllt. Ferner wurden mit Teströhrchen und einem Blasebalg erste quantitative Messungen durchgeführt.
Ergebnis: Das vulkanische Gasgemisch besteht aus Wasserdampf, Schwefeldioxid, Schwefelwasserstoff und Kohlenstoffdioxid.
Die Analyse der Ausbruchsschichtung des zentralen Urvulkans erfolgte in Tajao, im Süden der Insel.
Die mächtige Schicht wurde vielfältig bearbeitet: Ziehung und Sammlung von Proben, Bestimmung und Zeichnung der Feinstruktur, Messung der Korngrößen („die Sortierung“)standen auf dem Arbeitsprogramm der Schülerinnen.
Die Schichtabfolge erwies sich als charakteristisch für eine phreatomagmatische Eruption, bei der vorwiegend Asche und kleine Bomben, sowie Wasserdampf eine Wolke bilden, aus der typische Fallablagerungen resultierten.
Die Botanikgruppe führte Felduntersuchungen durch, d.h. für einen interessanten Bereich mit Flechtenbewuchs wurde der Deckungsgrad, die Flechtenlebhaftigkeit und -farbe, sowie der Typus bestimmt.
Die Geogruppe folgte dem Aufstiegpfad Humboldts und überquerte die Insel vom nördlichen Orotavatal bis zum südlichen Fischer- und Surferort El Medano. Das aufgemessene Höhenprofil wurde mit den Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsdaten in Beziehung gesetzt. Im Zusammenhang mit der beobachteten Vegetation ergaben sich Diagramme, welche den tableau physique von Alexander von Humboldt entsprechen.
Modell der phreatomagmatischen Eruption; Jasmin, Caro und Antonia
Die Schülerinnen und Schüler werden mit der FU Berlin und der Uni-Göttingen die Projekte vorantreiben. Dazu gehören elektronenmikroskopische Aufnahmen der Flechten und Gesteinsproben, Identifikation der Flechten, Bodenanalysen, vertiefte Betrachtungen der geologischen Modelle und eine statistische Bewertung des Datenmaterials. Die Gruppen werden die Institute am Botanischen Garten und in Göttingen aufsuchen und dort mit Wissenschaftlern zusammenarbeiten.
„Welch ein Glück ist mir eröffnet! Mir schwindelt der Kopf vor Freude. Ich gehe ab mit der spanischen Fregatte „Pizarro“. Wir landen auf den kanarischen Inseln und an der Küste von Caracas in Südamerika. Der Mensch muß das Gute und Große wollen!“(3)
(1) Umrechnung Reaumur – Celsius: °C = °R × 1.25
(2) Alexander von Humboldt, Die südamerikanische Reise
(3) Humboldt am 4. Juni 1799 aus Coruna/Spanien an Freiesleben